Bipolare Störungen

Die Bipolare Störung, auch Bipolare affektive Störung oder Bipolare Erkrankung genannt, ist eine Krankheit, bei der die Betroffenen unter einem epsiodenhaften Wechsel ihrer Stimmungslage leiden. Auf dieser und den folgenden Seiten finden Sie ausführliche Informationen über Epidemiologie, Symptome, Diagnose, Komorbidität, Risikofaktoren, Ursachen, Verlauf und Therapie der Bipolaren Störungen.

Bipolar-I- und Bipolar-II-Störungen

Die Bipolare affektive Störung wird nach dem DSM-5 entsprechend dem Ausprägungsgrad der manischen oder hypomanen Symptomen in die Bipolar-I-Störung und die Bipolar-II-Störung unterteilt.

Bipolar-I-Störung

Als Bipolar-I-Störung werden diejenigen Bipolaren Störungen bezeichnet, bei denen es zu einem Wechsel zwischen depressiven und manischen Phasen kommt.

Bipolar-II-Störung

Als Bipolar-II-Störung werden die Bipolaren Störungen bezeichnet, bei denen es zu einem Wechsel zwischen depressiven und hypomanen Phasen kommt.

Manie

Als Manie bezeichnet man eine Phase, in der die Stimmung der Erkrankten situationsinadäquat gehoben ist. Die Stimmungslage kann in der Manie zwischen sorgloser Heiterkeit und fast unkontrollierbarer Erregung schwanken. Die gehobene Stimmung ist mit einem vermehrtem Antrieb verbunden, woraus Überaktivität, Rededrang und ein vermindertes Schlafbedürfnis resultieren.

Die Erkrankten erleben in der manischen Phase zumeist große Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit aufrecht zu halten und sind leicht ablenkbar. Die Selbsteinschätzung der Betroffenen ist durch Größenideen oder übertriebenen Optimismus gekennzeichnet.

Durch den Verlust normaler sozialer Hemmungen kann es zu einem leichtsinnigen, rücksichtslosen oder in Bezug auf die Umstände unpassenden und persönlichkeits­fremden Verhalten führen.

In ausgeprägten Manien kann es zusätzlich zum Auftreten von psychotischen Symptomen mit Wahn (zumeist Größenwahn) oder Halluzinationen (zumeist akustische Halluzinationen mit Stimmen, die zum Erkrankten sprechen) kommen.

Die Erregung, die ausgeprägte körperliche Aktivität und die Ideenflucht können so ausgeprägt sein, dass die Erkrankten für eine normale Kommunikation unzugänglich werden.

Hypomanie

Als Hypomanie bezeichnet man Krankheitsphasen, die durch eine anhaltend leicht gehobene Stimmung, gesteigerten Antrieb und verstärkte Aktivität gekennzeichnet sind, sowie zumeist auch durch ein auffallendes Gefühl von Wohlbefinden und körperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit, gesteigerte Geselligkeit, Gesprächigkeit, übermäßige Vertraulichkeit, gesteigerte Libido und ein vermindertes Schlafbedürfnis.

Diese Symptome sind jedoch bei der Hypomanie im Gegensatz zur Manie alle nicht so stark ausgeprägt, dass sie zu einem Abbruch der Berufstätigkeit oder zu sozialer Ablehnung führen würden.

Statt der euphorischen Geselligkeit können auch Reizbarkeit, Selbstüberschätzung und - insbesondere bei Heranwachsenden - flegelhaftes Verhalten auftreten.

Bipolare Störungen: Epidemiologie

Das Lebenszeitrisiko für das Auftreten einer Bipolaren affektiven Störung liegt bei ca. 1-3%. Die Bipolaren Störungen beginnen oftmals zu einem früheren Lebensalter als die unipolaren Depressiven Störungen.

Erste Krankheitssymptome treten oftmals bereits um das 15. Lebensjahr herum auf, die voll ausgeprägte Bipolare Störung entwickelt sich dann häufig zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr.

Bei den Bipolaren Störungen gibt es im Gegensatz zu den unipolaren depressiven Erkrankungen insgesamt keinen Geschlechterunterschied in der Auftretenshäufigkeit. Eine Sonderform der bipolaren Störungen, das Rapid Cycling, also das Auftreten von mindestens vier Krankheits­episoden in einem Jahr, betrifft jedoch zu ca. 80-90% Frauen.

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Bipolare Störungen: Symptome

Wechsel zwischen depressiven Phasen und manischen bzw. hypomanen Phasen

Das Kennzeichen der bipolaren Erkrankungen ist der Wechsel zwischen manischen bzw. hypomanen Krankheitsphasen und depressiven Phasen. Im folgenden werden vorrangig die Symptome der manischen und hypomane Phasen beschrieben. Zur Symptomatik der depressiven Phasen siehe das Kapitel Depressive Störungen: Symptome.

Die Dauer der manischen Phasen beträgt bei den meisten Betroffenen nur ca. 10-20% der gesamten Erkrankungsdauer. Trotzdem stellen die manischen Phasen durch die zum Teil sehr ausgeprägten Stimmungs- und Verhaltensänderungen der Erkrankten eine besondere Belastung für die Betroffenen un ihr familiäres Umfeld dar.

Euphorische oder reizbare Stimmung

Die Erkrankten haben in der manischen Phase zumeist eine stark gehobene, euphorischen Stimmung, bisweilen kann jedoch auch eine reizbare Stimmung überwiegen. Die Stimmungslage kann dauerhaft gehoben sein, die meisten Erkrankten erleben aber vielmehr eine Stimmungslabilität.

Ideenflucht und Rededrang

In der manischen Phase bestehen zumeist eine ausgeprägte Ideenflucht sowie ein großer Rededrang.

Störung der Impulskontrolle

In den manischen Phasen kann es zu einer Störung der Impulskontrolle kommen. Dies kann dazu führen, dass die Erkrankten bestimmten Impulsen, wie z.B. dem Drang, bestimmte Dinge einkaufen bzw. besitzen zu müssen, nicht mehr widerstehen können, wodurch es zu überschwenglichen Handlungen, wie z.B. einem vermehrten Einkaufen kommen kann.

Verkürzte Schlafdauer

Ca. 90% der Erkrankten haben eine verkürzte Schlafdauer, unter der sie aber - im Gegensatz zur Schlaflosigkeit bei Depressionen - nicht unbedingt leiden.

Allmachtsgefühl

Viele Erkrankte erleben in der manischen Phase Allmachtsgefühle, verbunden mit großen Problemen, die eigenen Grenzen und die Grenzen von Mitmenschnen wahr zu nehmen.

Empfindlichkeit gegenüber Kritik und Zurechtweisungen

Viele Erkrankte reaqieren in der manischen Phase empfindlich auf Kritik oder Zurechtweisungen, oftmals besteht auch eine erhöhte Streitbarkeit.

Depressive Stimmung und Suizidalität

Auch innerhalb der manischen Phase kann es plötzlich und unvorhersehbar zum Auftreten von Minuten oder Stunden anhaltende depressive Phasen kommen.

Alkohol- und Drogenkonsum

In den manischen Phasen kann die Tendenz zu einem erhöhten Alkoholgebrauch oder zu Substanzmissbrauch bestehen, mit der Gefahr, dass sich hieraus eine Abhängigkeit entwickelt.

Gesteigerte Libido

Ungefähr jeder Dritte Erkrankte erlebt in den manischen Phasen eine gesteigerte Libido. Bei einzelnen Erkrankten kann diese mit einem promiskuitivem Verhalten einhergehen.

Wahnideen und Halluzinationen

Zusätzlich können psychotische Symptome wie z.B. Wahnideen oder (zumeist akustische) Halluzinationen auftreten.

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Bipolare Störungen: Diagnose

Diagnose nach ICD-10

Die Internationale Klassifikation der Krankheiten (International Classification of Diseases - ICD-10) unterscheidet bei der Diagnose der manischen und bipolaren Störungen in die

Differentialdiagnostisch kommt unter anderem die Zyklothyme Störung (ICD-10 F34.0) in Betracht.


Diagnose nach ICD-11

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat im Juni 2018 die 11. Revision der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (engl. International Classification of Diseases) ICD-11 vorgestellt.

Die Bipolaren Störungen werden in der ICD-11 unter der Codierung 6A6 geführt.

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Diagnosekriterien nach DSM-5

In den DSM-5-Diagnosekriterien der Bipolaren Störungen gab es einige Änderungen im Vergleich zum DSM-IV. Eine ausführliche Übersicht finden Sie im Kapitel Bipolare Störungen: DSM-5.

Bipolare Störungen: Verlauf

Die bipolaren Erkrankungen beginnen in den meisten Fällen nicht mit einer Depression sondern mit einer manischen oder hypomanen Phase.

Ca. 20% der Menschen, die an einer zunächst unipolaren Depression erkrankt sind, entwickeln im Krankheitsverlauf auch hypomanische oder manische Symptome.

Bipolare Störungen: Therapie

Die Therapie der Bipolaren Störungen besteht zumeist in der Kombination aus Psychotherapie und einer medikamentösen Stimmungsstabilisierung.

Psychotherapie

Die psychotherapeutische Behandlung der Bipolaren Störungen ähnelt in weiten Teilen der Behandlung der Depression, siehe dazu das Kapitel Depressive Störungen: Psychotherapie.

Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Betroffenen in den manischen Phasen einer psychotherapeutische Behandlung nur bedingt zugänglich sind. Die Therapie kann sich deswegen in den manischen Phasen schwierig gestalten, da den Betroffenen in diesen Krankheitsphasen oft die Krankheitseinsicht fehlt und deswegen in der manischen Phase häufig auch nur eine sehr geringe Therapiemotivation besteht.

Die Psychotherapie erfolgt in den manischen Phasen vorrangig unterstützend und strukturierend. Ziel ist vorrangig der Schutz der Betroffenen. Auch die Strukturierung der Tagesstruktur, verbunden mit einer Abschirmung vor einem Übermaß an äußeren Einflüssen, sowie die Einhaltung eines geregelten Tag-Nacht-Rhythmus werden von vielen Erkrankten im Nachhinein als unterstützend empfunden.

Pharmakotherapie

Bei der medikamentösen Behandlung der bipolaren affektiven Störungen wird in die

unterschieden.

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Elektrokonvulsionstherapie

Falls die oben genannten Behandlungsmethoden keinen ausreichenden Effekt zeigen, kann eventuell eine Elektrokonvulsionstherapie (EKT) sinnvoll und erforderlich werden.

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